Tatsächlich vermag der Mensch mit der Maske zu spielen, ist er doch etwas, über dem jenseits der Blick ist.
J. Lacan 1964

Der Psychoanalytiker Jacques Lacan betonte, auch Tiere könnten sich maskieren, doch einzig dem Menschen sei es gegeben, mit der Maske zu spielen. In der Praxis der Psychoanalyse sehe ich eine Technik, dem Subjekt mehr Spielraum und Freiheit zu ermöglichen, gegenüber den Maskierungen, Identifizierungen, Idealen und sozialen Rollen, die wir im Laufe des Leben anzunehmen genötigt sind und über die sich unser Ich bildet. Es geht darum, den unbewussten Wünschen, die dem menschlichen Tun und Streben zu Grunde liegen, doch sich nie unverhüllt zeigen, eine Stimme zu geben.

Vielleicht bringt das Wort „Person“ in seinem alten lateinischen Bedeutungsspektrum diese in sich wie ein Möbiusband verschlungenen Verhältnisse zum Ausdruck, nämlich von „Persōna“ als der Maske des Schauspielers über den durch diese Maske dargestellten Charakter bis zur Übertragung des Begriffs auf das Wesentliche im Menschen, seine Singularität, eben das, was durch die Maske „hindurch klingt“ (lat. personare).

Der persönlichen Zurückhaltung in meiner Funktion als Psychonalytikerin verstehe ich mich dabei nicht verplichtet, um etwas zu verbergen, sondern damit etwas zum Vorschein kommen kann: Die Bühne soll frei bleiben für die unbewussten Phantasmen und Übertragungen desjenigen, der gekommen ist, um über sein Leben zu sprechen. Dennoch bin ich in diesen Prozess als Analytikerin mit meiner ganzen Aufmerksamkeit präsent, ja mit „Haut und Haar“, wie man sagt, involviert. Eine gelungene analytische Begegenung bedeutet für beide Seiten eine gravierende Veränderung. Eben diese Öffnung zum Neuen hin ist es, die ich an meinem Beruf liebe.

Wer die Psychoanalyse von der Position des Psychoanalytikers bzw. der Psychoanalytikerin aus praktiziert, muss sich selbst den Prozess einer Psychoanalyse als Analysand bzw. Analysandin mit besonderer Sorgfalt durchlaufen haben, sowie sich eine fundierte theoretische Bildung und einige Arbeitserfahrung angeeignet haben. Vor der Aufnahme meiner Praxis liegen über 15 Jahre, in denen ich die Psychoanalyse als Analysandin praktiziert, Einblicke in psychiatrischen und sozialen Einrichtungen gesammelt und an den theoretischen Curricula der psychoanalytischer Ausbildungsinstitute verschiedener Organisationen teilgenommen habe, wie der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV), der Deutschen Psychoanalytische Gesellschaft (DPG) u. der Internationale Arbeitsgemeinschaft für Gruppenanalyse GbR (IAG) .

Mit meiner Schwerpunktsetzung auf die Auslegung und Konzeptualisierung der freudschen Psychoanalyse durch Jacques Lacan, habe ich mich in den letzten 10 Jahren vor allem auf Kollektive aus dem lacanschen Millieu konzentriert. Nebenher studierte ich „Psychoanalytische Kulturwissenschaft“ am Institut für Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin, an dem ich jetzt zu Fragen nach transgenerativen Übertragungen und Effekten des Unbewussten und seiner Wirkung in der Subjektkonstitution promoviere.

Die Ursprünge meines Interesses für die Psychoanalyse aber liegen einige Jahrzehnte zurück in der Kunst. Als junge Studentin der freien Malerei begann ich mich in der Auseinandersetzung mit Surrealismus, Art Brut und zeitgenössischen Kunstströmungen nach den Dimensionen des Unbewussten in unserem Denken, Handeln und Erleben zu fragen und mich in die psychoanalytische Theorie einzulesen. Neben dem Studium gab ich Malkurse in sozialen und psychiatrischen Einrichtungen und machte Erfahrungen in der Begegnung mit Menschen in psychisch bedrängten Situationen und Lebensphasen und dem kreativen Potential, das aus solchen Zuständen erwachsen kann.