Was passiert in der Psychoanalyse?

Unbewusstes passiert nicht nur Nachts [in] unsere[n] Träume[n]; es durchkreuzt und durchdringt auch unser alltägliches Denken und Sprechen, ohne dass wir es gewöhnlich bemerken. Es ist die auf klinischer Erfahrung beruhende Grundannahme der Psychoanalyse, dass Unbewusstes und Bewusstsein über das Sprachsystem miteinander vernetzt und nicht voneinander zu trennen sind. Hier hat der französische Psychoanalytiker Jacques Lacan mit seiner Signifikantentheorie eingesetzt und durch Einbezug von Erkenntnissen der modernen Linguistik die Auffassungen der Psychoanalyse und ihre Praxis auf eine neue Basis gestellt. Es geht im psychoanalytischen Prozess im Wesentlichen darum, den Verbindungswegen des Sprach- und Assoziationsnetzes nachzuspüren und an seinen Knotenpunkten neue Verknüpfungen zu ermöglichen und alte zu lösen. Damit eröffnen sich oft auch neue Wege im Leben.

In meinem Verständnis der Psychoanalyse spreche ich dabei nicht von einem Heilprozess. Es gibt kein „Heil“ im Sinne eines „Ideals“ oder einer „Norm“, die am Ende erreicht werden sollen. Die Psychoanalyse ist keine „Heilpraxis“. Sie ist auch keine Rehabilitation, wie etwa bei der Behandlung eines gebrochenen Beins oder einer organischen Erkrankung, bei der ein vorheriger Zustand wieder hergestellt werden soll. Es geht im Gegenteil um eine seelische Öffnung zu etwas Neuem hin. Darum kann ich auch nicht mit und in vermeintlich objektiven, medizinischen Kategorien bzw. in den Strukturen unseres Gesundheitssystems arbeiten. Es geht um individuelle, psychische Strukturen. Es geht darum, dass ein Mensch seinen subjektiven Platz im sozialen Leben einnehmen, ein Begehren entwickeln und seine Kreativität entfalten kann.

Der Prozess einer Psychoanalyse kann sich über eine lange Zeit ziehen. Mit ihm einher geht eine emotionale und affektive Durcharbeitung des psychischen Erlebens. Dabei können Phasen, die spontan als bereichernd und schöpferisch, ja sogar euphorisch erlebt werden, mit solchen, die als verstörend und belastend empfunden werden, changieren. Das Band der Übertragung muss dabei viele Proben überstehen und stets neu geknüpft werden. Bedingung einer analytischen Arbeit ist die Einhaltung der Abstinenzregel zwischen den Beteiligten. Überschneidungen im sozialen Leben würden den psychoanalytischen Prozess erschweren oder sogar verunmöglichen. Die analytische Beziehung ist eine sehr besondere, die ihres eigenen Raums & Rahmens bedarf.

Der Aufnahme einer Psychoanalyse in meiner Praxis gehen Vorgespräche voraus, in denen eine mögliche Zusammenarbeit erprobt und die Bedingungen besprochen werden. Für drängende Problematiken und Krisen biete ich auch spontanere Beratungsgespräche oder kurzfristigere Begleitungen an.

Wer praktiziert die Psychoanalyse?

Die Grundregel der psychoanalytischen Praxis ist die freie Assoziation auf Seiten des Analysanden bzw. der Analysandin. Sie bedeutet zu sagen, was einem gerade `durch den Sinn´ geht. Das ist nicht immer einfach und erfordert einige Übung und Vertrauen in die Situation. Dem gegenüber steht die gleichschwebende Aufmerksamkeit der Person, die von der psychoanalytischen Position aus zuhört. Diese einzunehmen erfordert, selbst den langwiedrigen Prozess einer Psychoanalyse durchlaufen und Vertrauen in die Determininierung des Unbewussten gewonnen zu haben, sowie ein auf seine Signatur sensibilisiertes Ohr.

Doch die eigentliche Praxis der Psychoanalyse ereignet sich in der Übertragung zwischen Sprechendem und Hörendem. Denn die Psychoanalyse geht davon aus, dass in unseren Worten und Gedanken stets mehr mitspricht, als wir zu sagen meinen und zu wissen glauben. Sie ist nicht nur eine Praxis des Sprechens, sie ist auch eine Praxis der Sprache. Es ist in gewisser Weise das Wort bzw. der Signifikant, der `die Feder führt´ . Die Aufgabe der Psychoanalyse ist es seine Wirkungen spürbar zu machen und seine Macht zu durchkreuzen, wo er den Betroffenen an Leiden und Verletzungen fixiert.

Wer spricht?

Wir Menschen sind nicht nur sprechende Wesen, wir sind auch und vor allem besprochene Wesen. Es ist daher nicht immer klar, von wem und woher uns unsere Gedanken und Worte kommen. Besonders in der Frühzeit unseres Lebens sind die Stimmen derer, von denen wir abhängig sind, laut und prägend. Obwohl, oder gerade weil wir sie noch nicht verstanden haben, können sie unbewusst Niederschlag gefunden haben und wie innere Gesetzmäßigkeiten wirken. Manchmal kann das verheerende Auswirkungen haben, wenn z. B. trotz aller Bemühungen uns wiederholt Erfolge versagt bleiben, Liebesbeziehungen scheitern, Schicksalsschläge und Verlusterfahrungen nicht verarbeitet werden können, Konflikte sich wiederholen oder depressive Verstimmungen und Erschöpfungszustände ohne sichtbaren äußeren Grund das Leben immer wieder verdunkeln.

In solchen Symptomen und Wiederholungen, die sich seiner Kontrolle entziehen, kann der Mensch sich selbst unheimlich werden. „Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus“, wie Freud sagt. Um den Umgang mit diesem Anderen in uns, von dem wir nichts wissen (wollen?), geht es in der Psychoanalyse. Die Aufnahme einer Arbeit mit dem Unbewussten hat Auswirkungen auf die sozialen und emotionalen Beziehungen im Leben, sowie auf die Art, wie wir lieben und arbeiten.

Auch wenn Sie selbst in der Verantwortung für andere Menschen und/oder in einer exponierten Positionen stehen, kann die psychoanalytische Arbeit eine sehr fruchtbare Erfahrung sein, die Fragen der Macht und Abhängigkeit in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Wenn Sie an einer psychoanalytischen Arbeit interessiert sind oder Fragen haben, nehmen Sie gerne Kontakt auf.